| "In der Arbeit
Wurzelmaß nähert sich die Bildhauerin Doris Halfmann dem Phänomen einer
Raum-Zeit-Erfahrung des Landschaftlichen durch die Integration
biologischer und physikalischer Materialien und Prozesse in ihre
Arbeiten. Auf einem fliederfarbenen Kunststoffblock sprießt zartes Grün
unter künstlicher Bestrahlung. Man denkt an Versuchslabor und
Intensivstation, aber auch an Modelllandschaften, denn die Pflanzung
lässt Strukturen entstehen in der Art von Wegesystem. Tatsächlich
diente als Vorlage für die Form des Grasnetzes das Gewirr aus
Schnellstraßen und Autobahnen im westlichen Ruhrgebiet zwischen
Oberhausen und Duisburg, auf denen sich die Verkehrsströme durch die
Industriebrachen, Stadtwälder, Kohlehalden und Hafenanlagen wälzen. In
einer Umkehrung der reduzierten landschaftlichen Gegebenheiten von
nackten Asphaltbändern und bewachsenen Randstreifen macht die
Künstlerin die Straßen unbefahrbar und überlässt sie den wuchernden
Pflanzen. Diese bestimmen mit ihrem Wachstumszyklus die wechselnde
Erscheinungsweise der Arbeit, indem sie während der Ausstellung keimen,
wachsen und verdorren. Mit der Lebensdauer der Grashalme setzt die
Skulptur einen Zeitmaßstab, der Bezüge herstellt zum biographischen
Zeitfeld des Betrachters oder auch zu historischen Zeiträumen. In
dieser Inszenierung eines natürlichen Prozesses auf höchst
künstlerischen Terrain "weit weg von Erde und Sonne" kreuzen sich
romantische Erinnerungen an wogende Gräser im Wind mit der Vorstellung
einer in funktionale Form gepressten Natur." (Dr. Gudrun Bott)
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